Montag, 15. April 2013

Kellnerleben

Aus aktuellem Anlass ( gestern Land unter im gesamten Hotel aufgrund von durchgedrehten Yogis, heilpädagogisch anmutenden Tangotänzern und 1000 Security-Menschen!!) hier eine wunderbar passende Beschreibung eines tollen (meistens!) Berufes. Viel Spaß, lesen lohnt sich, auch als nicht Gastro-Mensch!

"Ich bin Kellner. Ich verstehe mich darauf, jedem Gast an der Nase anzusehen ob er gut oder schlecht gelaunt ist und ich kann mich diesen Stimmungen immer Problemlos anpassen. Ich weiß, das manche Gäste zu cholerischen Anfällen neigen, wenn Sie Ihr Essen so erhalten, wie Sie es bestellt haben. Die Bestellung "Wie immer!" kann ich stets zweifelsfrei und ohne Verzögerung an die Küche weitergeben. Ohne Knoblauch bitte. Es macht mir nichts aus, beschimpft zu werden, denn als Kellner nimmt man nichts persönlich. Außerdem ist es ja sowieso meine Schuld, dass Sie schlechte Laune haben. Ja ich weiß, dass "Sie Volltrottel" nur ein kleiner Scherz war und weil Sie so witzig waren, geht das Dessert natürlich aufs Haus. Wie immer. Ohne Sahne.

Ich habe übrigens auch die Fähigkeit, das Restaurant nach belieben umzubauen, zu vergrößern und Tische zu schreinern. Natürlich haben wir am ersten Weihnachtsfeiertag noch einen Fenstertisch für 8 Personen frei. Welches Datum heute ist? Der 23.12, warum?

Selbstverständlich behalte ich immer den Überblick über meine Gäste. Auch bei ungefähr 20000 Frühstücksgästen, die meisten doppelt (1. und 2. Frühstück!), weiß ich immer und jederzeit, wann und wohin sich ein Gast umgesetzt hat. Klar finde ich es super, wenn Sie 5 Tische und 5 Gedecke für ein Frühstück benutzen. Ich mag es sehr, Ihnen alles hinterherzutragen. Natürlich geht das auch schneller.

Ich bin Kellner. Als solcher ist man automatisch masochistisch veranlagt. Wenn Sie ein Rinderfilet mit 5 verschiedenen Saucen ( die Hollandaise und die Pfefferrahm aber bitte á part) bestellen, statt Karotten lieber Spargel hätten (habe ich erwähnt dass wir Dezember haben?!?!) und Sie die Bratkartoffeln bitteschön einzeln ausgarniert hätten, reißt mir die Küche den Kopf ab. Aber gerade das mag ich so sehr an meinem Beruf.

Es macht mir auch garnichts aus, die Rechnung für Ihren Tisch mit 23 Personen mal eben zu splitten. Ich habe zwar vor dem buchen mehrmals gefragt, ob Sie getrennte Rechnungen wünschen, aber wenn Sie es sich spontan anders überlegt haben- kein Problem. Unser Kassensystem ist übrigens so alt, dass es schon unsere Kellnergroßväter benutzt haben und ich kann diese Keilschrift auch sehr schlecht lesen, aber ich verstehe natürlich dass Sie alle es auf einmal sehr eilig haben und beeile mich.

Ich spreche auch alle möglichen Sprachen, doch am besten bin ich in nonverbaler Konversation. Nase rümpfen heißt:" Ein Steak Tatar, pikant, aber ohne Kapern bitte!", Grunzen heißt:" Es wäre sehr nett, wenn Sie mir ein weiteres Bier bringen würden!". Ich weiß ebenfalls, dass Sie Ihre Getränke nicht zu bezahlen rauchen, weil Sie schon seit 17 Jahren zu uns kommen. Dieses Restaurant gibt es seit 5 Jahren. Ich habe Sie noch nie gesehen. Mein Fehler, ich weiß.

Als Kellner müssen wir immer alles wissen, können, möglichst schnell erledigen und auf jeden dummen Scherz eingehen. Logischerweise hat man als Kellner einen IQ unterhalb der Zimmertemperatur.

Mein Beruf ist nur für Idealisten geeignet, doch dafür haben die meisten von uns wirklich Spaß an der Arbeit. Vor allem übrigens dann, wenn die meisten anderen frei haben ( Krankenschwestern, Taxifahrer und Totengräber mal ausgenommen). Warum auch nicht? Schließlich wird der Job super bezahlt., deshalb ist es mir auch ganz egal, ob Sie mir Trinkgeld geben oder nicht.

Ich bin gern Kellner, denn man erlebt die schönsten Dinge. Es ist schön wenn Gäste mir erzählen, warum Sie viele Karotten in Ihrem Salat haben wollen ( ist gut gegen Hämmoriden) und auch an Ihren Krampfadern bin ich sehr interessiert. Es ist schön, wenn Gäste denken, dass ich taub für Tischgespräche bin, in die ich nicht involviert bin. So erfahre ich endlich mal, was für einen knackigen Hintern die Kollegin hat. Ich selbst bin auch nicht von schlechten Eltern. Für dieses Kompliment verzichte ich gern auf mein Trinkgeld. Aber diesmal bitte mit Sahne!"

Gestern wieder neu entdeckt und uns köstlich amüsiert. Wir waren so sehr abgesoffen, dass eh schon alles egal war. Schönes Leben.

Vielleicht denkt Ihr beim nächsten Restaurantbesuch im Hochsommer mit 200 Plätzen im Biergarten und 5 Kellnern mal dran.

Pfiats euch!

2 Kommentare:

  1. Ja, so schaut´s nun einmal aus und deshalb steh ich lieber in der Küche, wenn es sich nicht vermeiden lässt.
    liebe Grüße und lass dir den Spaß am Job nicht vermiesen.
    Alles Liebe Caroline
    Und Gratulation zur bestandenen Prüfung

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  2. Danke :)

    Niemals, ohne meinen Job wär mein Leben nur halb so schön :)

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